Quelle: youtube.com
In diesem wirklich sehr gut gemachten und extrem informativen Video wird eindringlich die dramatischen Auswirkungen von ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) und Long Covid beleuchtet, die oft übersehen oder unterschätzt werden. In Deutschland allein sind mittlerweile bis zu eine Million Menschen von ME/CFS betroffen – eine Zahl, die sich durch die Pandemie nahezu verdoppelt hat. Besonders erschreckend: Die Krankheit betrifft häufig junge Menschen und wird in vielen Fällen erst spät oder gar nicht diagnostiziert.
- Was ist ME/CFS?
- Die Verbindung zu Long Covid
- Warum die Krankheit oft nicht ernst genommen wird
- Junge Menschen sind besonders betroffen
- Die Herausforderung der Diagnosestellung
- Fehlende soziale Absicherung
- Die Rolle von Geschlecht und Vorurteilen
- Die Gefahr unseriöser Behandlungen
- Hoffnung durch Forschung und neue Erkenntnisse
- Was wir tun können
Was ist ME/CFS?
ME/CFS ist eine schwerwiegende Erkrankung, die den Alltag der Betroffenen massiv einschränkt. Die Krankheit ist geprägt von:
- Post-Exertional Malaise (PEM): Einer drastischen Verschlechterung der Symptome nach minimaler Belastung, auch als „Crash“ bekannt. Selbst einfache Aktivitäten wie ein Gespräch oder eine Dusche können Tage bis Wochen völliger Erschöpfung auslösen.
- Kognitiven Einschränkungen („Brain Fog“): Betroffene kämpfen mit Konzentrationsproblemen und Gedächtnisstörungen, die das Leben zusätzlich erschweren.
- Physischer Schwäche: Kreislaufprobleme, Muskelschmerzen und eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Licht und Geräuschen sind häufig.
Die Verbindung zu Long Covid
Long Covid hat ME/CFS ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Viele Langzeitfolgen einer Covid-19-Infektion ähneln den Symptomen von ME/CFS, was die Forschung dazu angetrieben hat. Es wird geschätzt, dass bis zu 10 % der Covid-Infizierten Langzeitsymptome entwickeln, von denen wiederum ein signifikanter Anteil ME/CFS-ähnliche Beschwerden hat.
Ein beunruhigender Aspekt: Long Covid und ME/CFS sind nicht gleichmäßig in der Bevölkerung verteilt. Frauen, junge Menschen und Personen mit einer Vorgeschichte von Autoimmunerkrankungen haben ein höheres Risiko, betroffen zu sein.
Warum die Krankheit oft nicht ernst genommen wird
Ein großes Problem ist die Stigmatisierung von ME/CFS. Noch immer halten viele die Krankheit für psychosomatisch, obwohl längst bewiesen ist, dass es sich um eine körperliche Erkrankung handelt. Diese falsche Wahrnehmung führt dazu, dass Betroffene nicht ernst genommen werden und oft jahrelang ohne richtige Diagnose oder Behandlung bleiben.
Die Folgen dieser Ignoranz sind gravierend: Viele Patienten berichten, dass falsche Empfehlungen – wie körperliche Aktivierungstherapien – ihren Zustand verschlechtert haben. Studien haben gezeigt, dass unangebrachte Behandlungen mehr Schaden als Nutzen anrichten können.
Junge Menschen sind besonders betroffen
Ein oft übersehener Aspekt ist, dass ME/CFS und Long Covid unverhältnismäßig häufig junge Menschen betreffen. Laut dem Video gibt es zwei deutliche Altersgipfel: bei Teenagern und bei Personen zwischen 30 und 39 Jahren. Dies bedeutet, dass viele Betroffene in einer Phase ihres Lebens erkranken, in der sie normalerweise arbeiten, Familien gründen und ihr Leben aufbauen würden. Stattdessen finden sie sich mit einer Krankheit konfrontiert, die sie von ihren Träumen und Zielen abkoppelt. Besonders tragisch ist, dass diese jungen Menschen oft weniger finanzielle und soziale Absicherungen haben und daher schneller in Isolation und wirtschaftliche Not geraten.
Die Herausforderung der Diagnosestellung
Ein weiteres Problem, das bislang nicht ausreichend diskutiert wurde, ist die Schwierigkeit der Diagnosestellung. ME/CFS hat keinen klaren Biomarker – also keinen Blutwert oder Test, der die Krankheit eindeutig nachweist. Stattdessen beruht die Diagnose auf dem Ausschluss anderer Erkrankungen und einer genauen Analyse der Symptome, insbesondere von PEM. Dieser Prozess ist nicht nur langwierig, sondern hängt auch stark von der Erfahrung der Ärzt:innen ab. Viele Betroffene berichten, dass sie jahrelang mit ihren Beschwerden von einem Arzt zum nächsten geschickt werden, ohne eine klare Diagnose oder Hilfe zu erhalten.
Fehlende soziale Absicherung
Das Fehlen einer klaren Diagnose hat nicht nur medizinische, sondern auch soziale Folgen. Ohne eine anerkannte Krankheit bleiben viele Betroffene ohne Unterstützung durch Krankenkassen, Rentensysteme oder andere soziale Sicherungsnetze. Dies führt dazu, dass sie auf Ersparnisse, die Unterstützung von Familie oder sogar das Sozialamt angewiesen sind. Besonders belastend ist die Wartezeit auf Anerkennung, die oft mehrere Jahre dauert – eine Zeit, in der die Lebensqualität weiter sinkt. Diese Lücken im System verstärken das Gefühl, von der Gesellschaft im Stich gelassen zu werden.
Die Rolle von Geschlecht und Vorurteilen
ME/CFS trifft Frauen häufiger als Männer, was laut Forschenden mit einem aktiveren Immunsystem bei Frauen zusammenhängen könnte. Leider hat dieser Umstand in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Krankheit oft als „Hysterie“ abgetan wurde – ein Begriff, der historisch dazu diente, Frauenkrankheiten zu pathologisieren und zu entmenschlichen. Dieses Vorurteil hat dazu beigetragen, dass ME/CFS noch immer nicht den Stellenwert in der Medizin hat, den es verdient. Es ist wichtig, dieses Stigma zu bekämpfen, um die Akzeptanz und Forschung voranzutreiben.
Die Gefahr unseriöser Behandlungen
Ein Thema, das im Video ebenfalls angesprochen wird, ist die wachsende Gefahr durch unbewiesene Behandlungen. Viele Betroffene suchen verzweifelt nach Hilfe und sind bereit, hohe Summen für experimentelle Therapien zu zahlen, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist. Während einige dieser Ansätze wie bestimmte Blutwäscheverfahren erste Erfolge zeigen könnten, fehlt es an groß angelegten Studien, die ihre Sicherheit und Effektivität belegen. Diese Unsicherheit ist nicht nur eine finanzielle Belastung für Betroffene, sondern birgt auch gesundheitliche Risiken.
Hoffnung durch Forschung und neue Erkenntnisse
Die gute Nachricht: Die Forschung zu ME/CFS hat durch Long Covid neuen Schwung bekommen. Wissenschaftler untersuchen mögliche Ursachen, darunter Entzündungen im Gehirn, Probleme in den Mitochondrien („Kraftwerke der Zellen“) und gestörte Immunreaktionen.
Besonders vielversprechend ist die Ankündigung einer klinischen Studie zu einem potenziellen Medikament, die im Herbst 2025 starten soll. Obwohl konkrete Behandlungsansätze noch auf sich warten lassen, geben diese Fortschritte Hoffnung für die Zukunft.
Was wir tun können
Das Video endet mit einem wichtigen Appell: ME/CFS und Long Covid brauchen nicht nur medizinische Lösungen, sondern auch gesellschaftliche Unterstützung. Aufklärung, Akzeptanz und Solidarität sind entscheidend, damit Betroffene nicht allein gelassen werden.
Diese Krankheiten mögen unsichtbar sein, aber ihre Auswirkungen sind real – für die Betroffenen, ihre Angehörigen und die Gesellschaft insgesamt. Es liegt an uns allen, diese stille Krise sichtbar zu machen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um den Betroffenen ein besseres Leben zu ermöglichen.