Nikotinpflaster-Therapie bei Long Covid – Mechanismen, Zusammenhänge und Praxisanwendung nach Dr. Marco Leitzke

Quelle: Youtube.com

Wenn du Long Covid hast, kennst du wahrscheinlich das Gefühl der endlosen Suche. Die Suche nach Antworten, nach Verständnis, nach einer Behandlung, die endlich Linderung bringt. Du hast vermutlich schon unzählige Artikel gelesen, verschiedene Therapien ausprobiert und dich durch ein Labyrinth aus medizinischen Begriffen gekämpft. Manchmal fühlst du dich dabei wie ein Detektiv in eigener Sache, nur dass es um dein Leben geht.

Falls du schon einmal von der Nikotinpflaster-Therapie bei Long Covid gehört hast, warst du vielleicht zunächst skeptisch. Nikotin? Bei einer Krankheit? Das klingt erst mal widersprüchlich. Aber manchmal kommen die besten Lösungen von dort, wo wir sie am wenigsten erwarten.

Am 14. August 2025 hielt Dr. Marco Leitzke, Oberarzt an der Helios Park-Klinik Leipzig, einen bemerkenswerten Vortrag über die Nikotinpflaster-Therapie bei Long Covid. Seine Erkenntnisse geben vielen Betroffenen neue Hoffnung und uns allen ein besseres Verständnis davon, was in unserem Körper eigentlich passiert.

Wir als Community von Betroffenen für Betroffene möchten diese wichtigen Informationen mit dir teilen. Nicht als Heilungsversprechen, sondern als weitere Facette in dem komplexen Puzzle, das Long Covid darstellt.

Was passiert eigentlich in unserem Körper?

Dr. Leitzke erklärt Long Covid über einen faszinierenden, aber komplexen Mechanismus. Stell dir vor, SARS-CoV-2 hinterlässt nach der Infektion “Störsender” in deinem Körper. Diese Störsender blockieren wichtige Kommunikationswege zwischen deinen Zellen und deinem Nervensystem.

Die blockierten Rezeptoren: Das Virus bindet an sogenannte nikotinische Acetylcholinrezeptoren (nAChR). Das sind winzige “Empfangsstationen”, die jede einzelne Zelle in deinem Körper besitzt. Diese Rezeptoren sind normalerweise dafür zuständig, dass alles in deinem Körper im richtigen Mass funktioniert. Sie regulieren Entzündungen, Durchblutung, Energieproduktion und vieles mehr.

Wenn diese Rezeptoren blockiert sind, gerät alles aus dem Gleichgewicht. Dr. Leitzke vergleicht es mit einem feinen Regulierungssystem, das plötzlich nicht mehr richtig funktioniert. Die Folge: Dein Körper “überschiesst” in verschiedene Richtungen, ohne dass bei normalen Untersuchungen viel messbar wäre.

Warum erklärt das so viele Symptome? Diese gestörte Regulation kann erklären, was du täglich spürst:

  • Die lähmende Erschöpfung (gestörte Energieproduktion in den Mitochondrien)
  • Die Atemnot und bläulichen Finger und Zehen
  • Die Herzprobleme und Durchblutungsstörungen
  • Die Muskelschmerzen durch überlastete, gesunde Muskelfasern
  • Die Histaminprobleme und Überempfindlichkeiten
  • Die Autoimmunreaktionen

Dr. Leitzke meint sogar, dass jeder, der Covid hatte, ein bisschen Long Covid hat. Nur ist das Problem bei manchen von uns viel ausgeprägter als bei anderen.

Wie könnte Nikotin helfen?

Hier wird es interessant: Nikotin wirkt sehr stark an genau diesen blockierten Rezeptoren. Es kann die Virenbestandteile verdrängen und die Blockaden auflösen, wie ein Schlüssel, der einen klemmenden Mechanismus wieder zum Laufen bringt.

Wichtig zu verstehen: Nikotin aus Pflastern ist etwas ganz anderes als Rauchen. Zigaretten enthalten neben Nikotin eine Vielzahl von Schadstoffen. Beim Rauchen gelangt das Nikotin direkt ins Suchtzentrum und löst einen Dopaminflash aus. Nikotinpflaster hingegen geben gleichmässig und langsam Nikotin ab, ohne Suchtpotential und ohne die schädlichen Begleitstoffe.

Was Dr. Leitzke in der Praxis beobachtet

Die Ergebnisse, die Dr. Leitzke berichtet, klingen ermutigend: Viele seiner Patienten profitieren von der Therapie. Besonders beeindruckend ist, dass die von ihm erfolgreich behandelten Long Covid-Patienten bereits nach etwa 16 Tagen dauerhaft symptomlos waren.

Aber (und das ist wichtig): Diese Erfolge betrafen hauptsächlich Menschen mit “Long Covid” (weniger als 6 Monate betroffen), nicht die mit “Post-Covid” (länger als 6 Monate). Das könnte bedeuten, dass eine frühe Intervention besonders wichtig ist.

Die Realität ist komplex: Nicht alle profitieren gleich. In seinen Beobachtungen verschlechterten sich etwa 8% der Behandelten, bei 23% gab es keine Verbesserung. Das ist wichtig zu wissen, auch wenn es enttäuschend sein kann.

Praktische Anwendung: Was du wissen solltest

Falls du überlegst, diese Therapie auszuprobieren, gibt Dr. Leitzke wichtige praktische Hinweise:

Ärztliche Begleitung ist essentiell. Das kann nicht genug betont werden. Diese Therapie sollte niemals im Alleingang versucht werden.

Vorsichtig beginnen: Nikotinpflaster sind eigentlich für Raucher konzipiert. Schon die niedrigste Dosierung (7mg) kann für Menschen, die nie geraucht haben, überwältigend sein. Dr. Leitzke empfiehlt, die Pflaster partiell abzukleben. Er zeigte ein Foto mit acht “Tortenstücken”, von denen nur eines nicht abgeklebt war.

Kontinuierliche Anwendung: Anders als ursprünglich gedacht, empfiehlt er keine Pausen, auch nachts nicht. Nikotin hat eine kurze Halbwertszeit von 1 bis 2 Stunden. Pausen würden bedeuten, dass die Rezeptoren schnell wieder blockiert werden.

Langsame Steigerung: Die individuelle Optimaldosis lässt sich nicht vorhersagen. Es ist ein vorsichtiges Herantasten: steigern, bei starken Nebenwirkungen einen Schritt zurück, dann mit der Zeit wieder steigern, wenn sich der Körper gewöhnt hat.

Ausschleichen ist wichtig: Falls die Therapie beendet wird, muss sehr langsam ausgeschlichen werden. Ein abruptes Absetzen kann zu einem “Crash” führen.

Nebenwirkungen und Vorsichtsmassnahmen

Wie bei jeder Therapie gibt es auch hier Nebenwirkungen, über die du Bescheid wissen solltest:

Anfängliche Verschlechterung: Paradoxerweise kann es am Anfang zu einer Verschlechterung kommen. Dr. Leitzke erklärt das damit, dass beim Lösen der Blockaden zunächst Virenbestandteile freigesetzt werden, was eine infektähnliche Situation schaffen kann. Besonders für schwer Betroffene kann das problematisch sein.

Hautreaktionen: Nicht das Nikotin, sondern die Klebstoffe können bei MCAS (Mastzellaktivierungssyndrom) zu Hautreaktionen führen. Hier hilft das Wechseln der Klebestelle und eventuell Fenistil.

Weitere mögliche Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Übelkeit, Schlafstörungen sind möglich, bessern sich aber meist mit der Zeit.

Wichtige Kontraindikation: Cholinesterasehemmer (wie Mestinon) dürfen nicht mit Nikotin kombiniert werden. Das kann zu einer gefährlichen cholinergen Krise führen.

Warum haben so wenige Raucher Long Covid?

Eine interessante Beobachtung, die Dr. Leitzke macht: Unter Long Covid-Betroffenen gibt es extrem wenige Raucher. Das könnte darauf hindeuten, dass Nikotin tatsächlich eine Schutzwirkung gegen postvirale Erkrankungen hat. Für uns als Nichtraucher könnte das bedeuten, dass wir diese Schutzwirkung “nachholen” können.

Grenzen und realistische Erwartungen

So vielversprechend diese Erkenntnisse auch sind, Dr. Leitzke ist ehrlich über die Grenzen:

Noch keine klinisch bewiesene Methode: Bisher gibt es viele dokumentierte Einzelfälle, aber aussagekräftige Studien brauchen noch Jahre. Die Forschung steht noch am Anfang.

Nicht für alle geeignet: Wie bei allen Therapien spricht nicht jeder darauf an. Manche verschlechtern sich sogar.

Komplexe Dosisfindung: Die richtige Dosis und Dauer lässt sich nicht vorhersagen und muss individuell erarbeitet werden.

Unsere bisherigen Erfahrungen in der Community

Falls du mehr über das Thema erfahren möchtest, haben wir bereits ausführlich darüber geschrieben. In unseren vorherigen Beiträgen findest du zusätzliche Perspektiven und Erfahrungsberichte:

Diese Artikel ergänzen die neuen Erkenntnisse von Dr. Leitzke und geben dir ein vollständigeres Bild der aktuellen Diskussion.

Unsere persönliche Erfahrung: Auch mir und meiner Frau helfen Nikotinpflaster sehr gut bei unseren Long Covid-Symptomen. Wir können aus eigener Erfahrung bestätigen, was Dr. Leitzke beschreibt. Jedoch möchte ich betonen, wie wichtig eine vorsichtige Herangehensweise und das strikte Einhalten der Protokolle ist. Was bei uns funktioniert, muss nicht bei jedem funktionieren, und die richtige Dosierung und Anwendung sind entscheidend für Erfolg und Sicherheit.

Die Kraft der Gemeinschaft

Während wir auf weitere Forschungsergebnisse warten, ist eines klar geworden: Wir sind stärker, wenn wir zusammenhalten. Der Austausch von Erfahrungen, das Teilen von Informationen und das gegenseitige Unterstützen sind unbezahlbar.

Dr. Leitzkes Vortrag zeigt, wie wichtig es ist, dass wir als Betroffene unsere Stimmen erheben und unsere Erfahrungen teilen. Nur so können Forscher und Ärzte verstehen, was wirklich in unserem Alltag passiert. Nur so entstehen neue Ideen und Therapieansätze.

Du bist nicht alleine in diesem Kampf um Gesundheit und Lebensqualität. Schau dir gerne unsere Mitgliedschaftsoptionen an, um Teil unserer unterstützenden Gemeinschaft zu werden. Hier findest du Menschen, die verstehen, was du durchmachst, und die bereit sind, Erfahrungen und Hoffnung zu teilen.

Es ist wichtig, dass wir uns untereinander vernetzen. Jede geteilte Erfahrung kann für einen anderen Menschen der entscheidende Hinweis sein. Jede Frage, die du stellst, kann jemandem helfen, der sich die gleiche Frage nicht zu stellen getraut hat. Jeder Mut, den du anderen machst, kommt zu dir zurück, wenn du ihn brauchst.

Was bedeutet das für dich?

Falls du überlegst, die Nikotinpflaster-Therapie auszuprobieren, vergiss nicht:

Professionelle Begleitung ist unerlässlich. Such dir einen Arzt, der offen für neue Ansätze ist und bereit ist, dich auf diesem Weg zu begleiten.

Informiere dich gründlich. Dr. Leitzke bietet Online-Beratungen unter Cholinergy.de an (allerdings warnt er vor einer Überlastung nach seinem Vortrag). Du findest auch weitere Publikationen und Interviews unter Linktr.ee/marcoleitzke.

Tausch dich aus. Nutze unsere Community, um Erfahrungen zu teilen und von anderen zu lernen. Auch wenn nicht alle den gleichen Weg gehen werden, können wir voneinander lernen.

Bleib realistisch, aber hoffnungsvoll. Keine Therapie ist ein Allheilmittel, aber jeder neue Ansatz bringt uns dem Verständnis unserer Erkrankung näher.

Ein Ausblick in die Zukunft

Dr. Leitzkes Forschung gibt uns etwas Kostbares: ein besseres Verständnis dessen, was in unserem Körper passiert. Auch wenn noch nicht alle Antworten da sind, ist es beruhigend zu wissen, dass es plausible biologische Erklärungen für unsere Symptome gibt.

Die geplanten Studien werden hoffentlich klarere Antworten liefern. Bis dahin bleibt der Austausch untereinander umso wichtiger. Wir sind Pioniere auf einem noch unentdeckten Gebiet der Medizin. Jede Erfahrung, die wir teilen, jede Beobachtung, die wir machen, trägt zum grossen Puzzle bei.

Du bist Teil einer Bewegung, die nicht nur auf Heilung hofft, sondern aktiv daran arbeitet, das Verständnis für unsere Erkrankungen voranzubringen. Das ist mutig, das ist wichtig, und das verdient Anerkennung.

Wichtiger Hinweis

Diese Informationen ersetzen keine professionelle medizinische Beratung. Die Nikotinpflaster-Therapie ist noch in der Erforschung und sollte nur unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden. Jeder Körper reagiert anders, und was für einen funktioniert, muss nicht für alle gelten.

Wenn du Interesse an dieser Therapie hast, sprich mit einem Arzt, der bereit ist, neue Wege zu erkunden. Lass dich nicht entmutigen, wenn der erste Arzt skeptisch ist. Such weiter, bis du jemanden findest, der dich ernst nimmt und bereit ist, gemeinsam mit dir neue Möglichkeiten zu erkunden.


Du möchtest mehr über Long Covid, Post-Covid und andere chronische Erkrankungen erfahren? Schau dir unsere weiteren Beiträge an und werde Teil unserer Community von Betroffenen für Betroffene.

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