#MillionsMissing 2025: Eine Kundgebung der Hoffnung für ME/CFS- und Long-Covid-Betroffene

In wenigen Wochen werden sich auf dem Berner Bundesplatz wieder die leeren Schuhe reihen – stumme Zeugen einer oft unsichtbaren Krankheit, die tausende Leben in der Schweiz auf den Kopf gestellt hat. Die #MillionsMissing-Kundgebung am 17. Mai 2025 steht unter dem eindringlichen Motto “Leben auf dem Sterbebett” und rückt die Schwerstbetroffenen in den Fokus. Was steckt hinter dieser Bewegung und warum ist sie so wichtig für Menschen, die an ME/CFS und Long Covid leiden?

Was ist die #MillionsMissing-Bewegung?

Die #MillionsMissing-Bewegung wurde 2016 von der Non-Profit-Organisation #MEAction in Los Angeles gegründet. Der Name selbst ist programmatisch und steht für die “fehlenden Millionen” – Menschen, die durch ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom) aus dem aktiven Leben verschwunden sind. Er symbolisiert aber auch die fehlenden Millionen-Investitionen in Forschung, Ausbildung und Versorgungsstrukturen für diese Erkrankung.

Weltweit finden jährlich rund um den Internationalen ME/CFS-Tag am 12. Mai Aktionen statt. In der Schweiz hat sich die #MillionsMissing-Bewegung seit ihrem offiziellen Start im Jahr 2018 zu einer bedeutenden Kraft entwickelt, die zunehmend öffentliche und politische Aufmerksamkeit gewinnt.

ME/CFS – Die “unsichtbare” Krankheit

ME/CFS ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die das Leben der Betroffenen dramatisch einschränkt. In der Schweiz leiden schätzungsweise 60.000 Menschen daran – eine Zahl, die sich aufgrund von Long-Covid-Fällen in den letzten Jahren verdreifacht hat.

Die Auswirkungen sind verheerend:

  • 60 Prozent der Betroffenen sind arbeitsunfähig
  • Jeder Vierte ist ans Haus gebunden
  • Viele sind bettlägerig
  • Schwerstbetroffene können sich im Bett nicht mehr selbst umlagern und müssen teilweise künstlich ernährt werden

Ein zentrales Merkmal der Erkrankung ist die Post-Exertionelle Malaise (PEM) – eine massive Verschlechterung der Symptome nach körperlicher, geistiger oder emotionaler Anstrengung. Selbst alltägliche Aktivitäten wie ein Telefongespräch können einen tagelangen “Crash” auslösen.

Die #MillionsMissing-Kundgebung 2025 auf dem Bundesplatz

Die kommende #MillionsMissing-Kundgebung am 17. Mai 2025 auf dem Berner Bundesplatz verspricht, die bisher größte und wirkungsvollste zu werden. Ab 15:00 Uhr werden sich Betroffene, Angehörige, Mediziner und Politiker versammeln, um ein starkes Zeichen zu setzen.

“Leben auf dem Sterbebett” – Ein kraftvolles Motto

Das diesjährige Motto richtet den Fokus bewusst auf die Schwer- und Schwerstbetroffenen, die unter schlimmsten Symptomen ihr Leben in ihren Betten verbringen müssen – ohne Zugang zu angemessener Pflege und medizinischer Versorgung. Es soll auch an jene erinnern, die an den Folgen der Krankheit verstorben sind und verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf.

Ein hochkarätiges Programm mit namhaften Sprechern

Die Veranstaltung bietet ein vielfältiges Programm:

  • Brigitte Hilty Haller, Initiatorin des ersten erfolgreichen politischen Vorstosses zu ME und Präsidentin der SGME
  • Maja Strasser, Neurologin und Expertin für ME und Long Covid
  • Simone Leuenberger, Berner Grossrätin und Behindertenrechtlerin
  • Angehörige von Schwerstbetroffenen, die Erlebnisberichte vorlesen
  • Shirley Grimes, Musikerin des Projekts “Kultur am Bettrand”
  • Flurina Schai, Physiotherapeutin für ME- und LC-Patient:innen

Innovative Inklusionsmaßnahmen: Teilhabe trotz Krankheit

Da viele Betroffene aufgrund ihrer Erkrankung nicht persönlich teilnehmen können, wurden kreative Lösungen entwickelt, um ihre Teilhabe zu ermöglichen:

Telepräsenz durch Robotertechnologie

Eine besonders innovative Lösung bietet der Verein Botkins Charity Project. Dessen Roboter ermöglichen es bettlägerigen Patienten, die Kundgebung vom Bett aus per Telepräsenz zu verfolgen. Die Roboter übertragen Bild und Ton online und lassen sich fernsteuern, sodass auch hausgebundene Betroffene aktiv teilnehmen können.

#geMEinsam: Die Socken-Aktion für Schwerstbetroffene

Mit der Aktion “#geMEinsam” wird eine weitere Möglichkeit geboten, um Schwer- und Schwerstbetroffene einzubeziehen. Teilnehmer können spezielle Socken tragen, ihre Füße fotografieren und die Bilder zwischen dem 12. und 17. Mai in sozialen Medien posten. Diese Aktion schafft Sichtbarkeit und ermöglicht es allen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand, Teil der Bewegung zu sein.

Politische Meilensteine: Der Weg zur nationalen Strategie

In den letzten Jahren hat die #MillionsMissing-Bewegung in der Schweiz beachtliche politische Erfolge erzielt, die den Weg für eine bessere Versorgung von ME/CFS-Patienten ebnen.

Die Motion für eine nationale Strategie

Ein entscheidender Durchbruch gelang im Januar 2025 mit der Einreichung einer Motion für eine “Nationale Strategie zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Menschen mit ME/CFS und Long Covid” durch Nationalrat Lorenz Hess. Diese überparteiliche Initiative wurde von Parlamentariern verschiedener politischer Lager mitgetragen.

Der wahre Triumph folgte am 26. Februar 2025, als der Bundesrat die Motion zur Annahme empfahl – ein Meilenstein in der Geschichte für ME/CFS-Betroffene in der Schweiz. In seiner Stellungnahme erklärte der Bundesrat seine Bereitschaft, “gemeinsam mit den für die Gesundheitsversorgung verantwortlichen Akteuren, insbesondere den Kantonen sowie den medizinischen Fachgesellschaften, eine Nationale Strategie zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Menschen mit ME/CFS und Post-Covid-19-Erkrankung sowie Langzeitfolgen einer Covid-Impfung zu erarbeiten”.

Ein langer Weg des Engagements

Diese Erfolge sind das Ergebnis jahrelanger Bemühungen. Bereits seit 2015 setzten sich Politiker wie der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller und die Luzerner SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo mit insgesamt vier Vorstößen für die Belange von ME/CFS-Betroffenen ein.

Die aktuelle Versorgungslage: Gravierende Defizite

Trotz der politischen Fortschritte ist die aktuelle Versorgungssituation für ME/CFS-Patienten in der Schweiz nach wie vor unzureichend:

  • Betroffene müssen durchschnittlich elf Ärzte aufsuchen, bis sie eine Diagnose erhalten
  • Es kommt im Schnitt zu zwei bis drei Fehldiagnosen
  • Es gibt keine spezialisierten Behandlungszentren
  • Viele Ärzte kennen die Erkrankung nicht oder haben veraltetes Wissen
  • Die Krankenkassen übernehmen oft notwendige Behandlungen nicht

Die Schweizerische Gesellschaft für ME & CFS beziffert die gesamtwirtschaftlichen Kosten auf über drei Milliarden Franken pro Jahr – ein Argument, das auch in der politischen Diskussion zunehmend Gewicht erhält.

Du bist nicht allein: Gemeinschaft und Unterstützung

Die #MillionsMissing-Bewegung zeigt: Niemand muss mit dieser Krankheit allein sein. Betroffene, Angehörige und Unterstützer schließen sich zusammen, um gemeinsam für Veränderung zu kämpfen.

Auch unsere Plattform “Ich bin kein Einzelfall” bietet eine Gemeinschaft für Menschen, die von ME/CFS und Long Covid betroffen sind. Hier finden Betroffene:

  • Persönliche Geschichten von anderen Betroffenen, die zeigen: Du bist mit deinem Kampf nicht allein
  • Aktuelle Beiträge und Informationen zu ME/CFS, Long Covid, Behandlungsmöglichkeiten und Forschungserkenntnissen
  • Eine Gemeinschaft, die versteht, zuhört und unterstützt

Die Bedeutung der Gemeinschaft

Für Menschen mit ME/CFS und Long Covid ist der Alltag oft von Isolation geprägt. Die Krankheit zwingt sie, soziale Kontakte und Aktivitäten aufzugeben. Viele verlieren Freunde, Partner und sogar den Kontakt zu Familienmitgliedern, die die Erkrankung nicht verstehen oder akzeptieren können.

In dieser Situation wird die Verbindung zu anderen Betroffenen lebenswichtig. Der Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, bietet nicht nur praktische Unterstützung, sondern auch emotionalen Halt. Zu wissen, dass man nicht allein ist mit seinen Symptomen, seinen Kämpfen und seiner Verzweiflung, kann ein entscheidender Faktor sein, um die Kraft zu finden, weiterzumachen.

Gemeinsam für Veränderung

Die #MillionsMissing-Bewegung und Plattformen wie “Ich bin kein Einzelfall” zeigen, dass Betroffene gemeinsam eine Stimme haben, die gehört wird. Durch den Zusammenschluss können sie:

  • Mehr Aufmerksamkeit für ME/CFS und Long Covid schaffen
  • Sich gegenseitig mit Rat und praktischer Hilfe unterstützen
  • Gemeinsam für eine bessere medizinische Versorgung und Anerkennung kämpfen
  • Vorurteile und Stigmatisierung bekämpfen

Werde Teil unserer Gemeinschaft

Bist du selbst von ME/CFS oder Long Covid betroffen oder kennst jemanden, der damit kämpft? Entdecke hier unsere Mitgliedschaftsoptionen und werde Teil einer Gemeinschaft, die versteht, was du durchmachst.

Die #MillionsMissing-Kundgebung am 17. Mai auf dem Bundesplatz in Bern ist eine Gelegenheit, deine Unterstützung zu zeigen – sei es durch persönliche Teilnahme, wenn dein Gesundheitszustand es erlaubt, oder durch symbolische Teilnahme, indem du ein Paar Schuhe sendest oder die Social-Media-Aktionen unterstützt.

Die Zukunft gestalten

Die #MillionsMissing-Kundgebung 2025 findet in einem entscheidenden Moment statt. Mit der vom Bundesrat unterstützten Motion für eine nationale Strategie steht ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Situation von ME/CFS-Patienten in Aussicht.

Die kommenden Herausforderungen liegen in der konkreten Umsetzung. Der Bundesrat hat bereits klargestellt, dass er “primär eine koordinierende Rolle einnehmen” wird und die Umsetzung “in vielen Bereichen in der Verantwortung von Akteuren außerhalb des Bundes liegen” wird. Zudem wurden Bedenken hinsichtlich der finanziellen Ressourcen geäußert.

Dennoch bietet die nationale Strategie eine nie dagewesene Chance, die Versorgungssituation grundlegend zu verbessern. Die Erkenntnisse aus anderen Ländern, in denen bereits Fortschritte erzielt wurden, können dabei als Vorbild dienen.

Ein Zeichen der Hoffnung

Die #MillionsMissing-Kundgebung am 17. Mai 2025 symbolisiert einen Wendepunkt im Umgang mit ME/CFS und Long Covid in der Schweiz. Was als internationale Bewegung begann, hat sich zu einer wirksamen politischen Kraft entwickelt, die konkrete Veränderungen anstoßen konnte.

Für die betroffenen Menschen bedeutet jeder Schritt in Richtung Anerkennung, Forschung und besserer Versorgung einen Hoffnungsschimmer in einem oft verzweifelten Alltag. Die #MillionsMissing-Bewegung gibt ihnen eine Stimme und macht sie sichtbar – selbst wenn sie aufgrund ihrer Erkrankung unsichtbar bleiben müssen.

Mit jedem roten T-Shirt auf dem Bundesplatz, jedem ausgelegten Schuhpaar und jeder geteilten Geschichte wächst das Bewusstsein für eine Krankheit, die zu lange ignoriert wurde. Die #MillionsMissing-Bewegung hat gezeigt, dass Veränderung möglich ist – eine Botschaft der Hoffnung für alle Betroffenen.


“Gemeinsam sind wir stark – auch wenn wir im Bett liegen.” – Mit diesem Gedanken verbindet die #MillionsMissing-Bewegung Menschen über ihre körperlichen Grenzen hinweg und schafft eine Gemeinschaft, die für eine bessere Zukunft kämpft.

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