Quelle: Youtube.com
“Ich bin 30 und bettlägerig. Wenn Leute fragen, wie ich das mache, weiß ich nicht, was sagen. Ich habe halt keine Wahl.”
Diese Worte einer jungen Frau mit Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS) öffnen ein Fenster in eine Welt, die für die meisten von uns unsichtbar bleibt. Eine Welt, in der jeder Tag ein Kampf ist, in der selbst die einfachsten Tätigkeiten wie Zähneputzen zur unüberwindbaren Herausforderung werden können. Eine Welt, in der das Leben, wie wir es kennen, plötzlich zum Stillstand kommt.
- Gefangen im eigenen Körper: Wenn der Alltag zum Albtraum wird
- Die Medizinische Odyssee: Wenn Ärzte ratlos sind
- Dejan Lauber: Ein Leben im Zwei-Zimmer-Universum
- ME/CFS in Zahlen: Eine unsichtbare Epidemie
- Das Schweigen der Versicherungen: Wenn die IV nicht zahlt
- Die Last der Angehörigen: Zwischen Liebe und Erschöpfung
- Falsche Therapien: Wenn Hilfe zum Schaden wird
- Isolation und Kreativität: Strategien gegen das Verschwinden
- Die Unvorhersehbarkeit: Wenn der Körper zum unberechenbaren Feind wird
- Verluste und Träume: Die emotionale Dimension von ME/CFS
- Ein Aufruf zum Handeln: Was wir gemeinsam tun können
Gefangen im eigenen Körper: Wenn der Alltag zum Albtraum wird
Für Cassandra Helfer aus Thun begann alles vor 13 Jahren mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber. Was zunächst wie eine vorübergehende, wenn auch schwere Erkrankung wirkte, wurde zum Wendepunkt ihres Lebens. Die heute 29-Jährige beschreibt ihren Zustand mit Worten, die kaum vorstellbar sind für diejenigen, die nicht selbst betroffen sind:
“Wenn ich aufwache, ist mir jeweils direkt schwindlig und schlecht. Ich kriege Herzrasen und meine Glieder sind wie tot. Und ich habe so ein ekelhaftes Gefühl in den Muskeln. Eine Schwäche. Der Körper ist einfach noch nicht wach.”
ME/CFS ist eine chronische, neuroimmunologische Erkrankung, bei der – bildlich gesprochen – die Batterien der Betroffenen nie mehr voll aufgeladen werden und sich rasend schnell entladen. Doch im Gegensatz zu einem Gerät mit leerem Akku können Menschen mit ME/CFS nicht einfach “aufgeladen” oder “ausgetauscht” werden. Sie bleiben gefangen in einem Körper, der nicht mehr funktioniert wie er sollte.
“Viele denken, das habe einen psychischen Ursprung und dass man nicht wolle”, erklärt Cassandra. “Man solle an die frische Luft gehen und dann sei es wieder gut.” Die Realität sieht anders aus: “Nein, das ist nicht so. Wenn ich könnte, wäre ich über alle Berge. Aber ich bin wie in meinem Körper gefangen. Von der Psyche her, von dem, was ich möchte, wäre es etwas ganz anderes.”
Wir bei ichbinkeineinzelfall.ch hören täglich ähnliche Geschichten. Die Kluft zwischen dem, was Betroffene erleben, und dem, was Außenstehende verstehen können, ist einer der schmerzlichsten Aspekte dieser Erkrankung.
Die Medizinische Odyssee: Wenn Ärzte ratlos sind
Eine der größten Herausforderungen für ME/CFS-Patienten ist die fehlende medizinische Anerkennung und Unterstützung. Zu ME wurde bisher kaum geforscht. Vermutet wird, dass die Energiegewinnung in der Zelle beeinträchtigt ist. Doch im Blut oder mit bildgebenden Verfahren kann die Erkrankung nicht eindeutig diagnostiziert werden.
Erschwerend kommt hinzu: Viele Mediziner kennen die Krankheit nicht oder nehmen sie nicht ernst. Daraus resultieren jahrelange, kraftraubende Odysseen von Arzt zu Arzt, bei denen Betroffene sich oft anhören müssen, ihre Symptome seien psychosomatisch oder eingebildet.
“Nach zehn Jahren, in denen es hieß, es könnte psychisch sein, war es eine riesige Erleichterung, endlich einen Namen dafür zu haben”, erinnert sich Cassandra. “Einfach zu wissen, mit was ich es zu tun habe. Man zweifelt auch an sich selbst. Innerlich läuft ein riesiger Prozess ab.”
Diese Erfahrung des Nicht-ernst-genommen-Werdens ist für viele ME/CFS-Betroffene traumatisierend. Sie führt nicht nur zu verzögerten Diagnosen und falschen Behandlungen, sondern hinterlässt auch tiefe seelische Wunden. Das Gefühl, nicht gesehen und gehört zu werden, verstärkt die Isolation, die ohnehin mit der Erkrankung einhergeht.
Dejan Lauber: Ein Leben im Zwei-Zimmer-Universum
Nur wenige Kilometer von Cassandra entfernt, in Heimberg, lebt Dejan Lauber. Auch er ist an ME/CFS erkrankt, und seine Geschichte zeigt eine weitere Facette dieser vielschichtigen Erkrankung.
Dejan Laubers gesamtes Leben spielt sich in den zwei Zimmern seiner Wohnung ab, die er seit vier Jahren nicht mehr verlassen kann. Um Besuch zu empfangen, muss er streng auf seine Energie achten – 20 Minuten Gespräch, dann ist Schluss. Längere soziale Interaktionen würden ihn so sehr erschöpfen, dass er anschließend nicht einmal mehr die Kraft zum Kauen seiner Mahlzeiten, für Toilettengänge oder Körperpflege hätte.
“Bei mir ist das eine körperliche Schwäche. Die macht alles ganz schwer. Und Schmerzen”, beschreibt er seine schlimmsten Symptome. “Es ist so, als würden die Muskeln brennen, als stünden sie in Flammen.” Gehen kann er gar nicht mehr: “Ich verkrafte weder Aufrechtstehen noch Gehen.”
Dejans Krankheitsgeschichte begann 2012, als er sich in einem Zivildiensteinsatz auf Madagaskar mit einem tropischen Erreger infizierte, von dem er sich nie mehr erholte. Vor seiner Erkrankung führte er ein aktives Leben – er machte Fallschirmsprünge, fuhr Motorrad und Ski, reiste gerne und hatte beruflich gerade die Berufsmatur begonnen. All das ist nun in unerreichbare Ferne gerückt.
Wie Dejan und Cassandra geht es weltweit geschätzten 17 Millionen Menschen. Die internationale Bewegung #MillionsMissing kämpft für Anerkennung, medizinische und soziale Versorgung der Betroffenen sowie für ein Vorantreiben der ME/CFS-Forschung. Der Name der Bewegung beschreibt treffend die Situation der Erkrankten: Sie fehlen – in ihren Familien, an ihren Arbeitsplätzen, in der Gesellschaft. Und sie werden vermisst.
ME/CFS in Zahlen: Eine unsichtbare Epidemie
ME/CFS betrifft vor allem junge Menschen, häufig Frauen unter 40 Jahren. In der Schweiz schätzt man, dass zwischen 16.000 und 24.000 Menschen mit dieser Erkrankung leben. Viele von ihnen ohne IV-Rente, in Armut, wie Cassandra Helfer, die von der Sozialhilfe lebt.
Noch alarmierender ist die Prognose im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie: Experten vermuten, dass 1 bis 2 Prozent aller COVID-19-Erkrankten an Long COVID und später an ME leiden werden. Die Symptome der beiden Krankheiten gleichen sich aufs Haar. Dies könnte zu einem dramatischen Anstieg der Fallzahlen führen, auf den unser Gesundheits- und Sozialsystem in keiner Weise vorbereitet ist.
Auf ichbinkeineinzelfall.ch sehen wir bereits, wie die Zahl der Menschen mit post-viralen Erkrankungen zunimmt. Die Geschichten, die wir sammeln, zeichnen ein beunruhigendes Bild einer wachsenden gesundheitlichen Krise, die weitgehend unbemerkt bleibt.
Das Schweigen der Versicherungen: Wenn die IV nicht zahlt
Besonders problematisch ist die Situation vieler ME/CFS-Betroffener im Umgang mit der Invalidenversicherung. Im Gegensatz zu Dejan Lauber, der eine IV-Rente zugesprochen bekam, wurde Cassandra Helfers Antrag abgelehnt. Die gelernte Fachfrau Gesundheit arbeitete weiter in ihrem Beruf, bis es nicht mehr ging. Heute lebt sie von der Sozialhilfe – ein Schicksal, das sie mit vielen anderen Betroffenen teilt.
“Wir haben absolut vergleichbare Fälle – der eine kriegt eine Rente, der andere nicht”, kritisiert ein Experte. “Man könnte auch um die Rente würfeln.” Diese Willkür hat verheerende Folgen für die Betroffenen. “Schwer krank zu sein, ist schlimm genug. Aber wenn noch Armut und Einsamkeit dazukommen, ist es noch um einiges schlimmer.”
Ein zentrales Problem bei der IV-Begutachtung ist, dass die Symptome von ME/CFS oft nicht “objektiv” nachweisbar sind. Hinzu kommt, dass eines der Hauptsymptome – die Verschlimmerung nach Anstrengung (Post-Exertional Malaise, PEM) – von den Gutachtern häufig nicht berücksichtigt wird.
“Die Gutachter verkennen, dass die Symptome der Erkrankung sich nach körperlichen, geistigen oder emotionalen Anstrengungen verschlimmern können”, erklärt Rechtsanwalt Thomas Hueber, der gemeinsam mit Jonas Sagelsdorff eine Anlaufstelle für ME-Erkrankte aufbaut. “In den Gutachten liest man dann, es sei alles tipptopp, man wisse nicht, was die Person habe. Die Gutachter haben den Tag danach nicht als Vergleichszeitpunkt. Sie sehen nicht, wie es der Person danach geht.”
Diese Erfahrung machen wir auch bei ichbinkeineinzelfall.ch immer wieder. Die Geschichte von Marco Muraro, die wir kürzlich teilten, zeigt exemplarisch, wie Betroffene zwischen medizinischer Realität und bürokratischen Hürden zerrieben werden.
Die Last der Angehörigen: Zwischen Liebe und Erschöpfung
Oft übersehen, aber nicht minder betroffen sind die Angehörigen von ME/CFS-Patienten. Sie werden zu Pflegenden, Fürsprechern und emotionalen Stützen – eine Rolle, auf die sie niemand vorbereitet hat und für die sie selten Anerkennung erfahren.
Jonas Zurbriggen kennt Cassandra Helfer seit sechs Jahren und musste mit ansehen, wie seine Freundin immer schwächer wurde. Trotz der Herausforderungen steht er zu ihr: “Ich muss ja auch für mich kochen oder für mich waschen. Jetzt wasche oder koche ich halt für zwei. Darum fällt mir das nicht so auf.”
Doch die Beziehung ist nicht ohne Belastungen: “Es gibt natürlich auch Reibereien”, räumt Cassandra ein. “Das ist dann schwierig, weil ich es manchmal nicht ertrage, dass er mit mir spricht. Dann reagiere ich z.B. auch gereizt.”
Noch schwieriger ist es für die Eltern von Dejan Lauber. Sein Vater Peter erledigt einmal pro Woche den Einkauf für seinen Sohn – immer am Mittwoch, immer zur gleichen Uhrzeit. “Er hat seine Pausen, weil er weiß, dass ich dann komme. Dann hat er auch 10 Minuten, um mit mir zu sprechen”, erklärt er. Die Hilflosigkeit angesichts des Leidens seines Sohnes ist kaum zu ertragen: “Ich habe oft gesagt, dass ich mit ihm tauschen würde. Oder es wenigstens mit ihm teilen. Halbe-halbe. Aber das geht nicht.”
Nach seinen Besuchen kann Peter Lauber seine Gefühle oft nicht mehr zurückhalten: “Meistens kann ich mich zusammenreißen und weine dann von hier bis nach Hause. Das geht einem so nahe.”
Diese emotionale Belastung der Angehörigen ist ein oft übersehener Aspekt von ME/CFS. Auf unserer Plattform ichbinkeineinzelfall.ch bieten wir daher auch Raum für ihre Stimmen und Erfahrungen, denn auch sie brauchen Unterstützung und Verständnis.
Falsche Therapien: Wenn Hilfe zum Schaden wird
Ein besonders problematischer Aspekt im Umgang mit ME/CFS ist, dass Betroffene oft falsch therapiert werden. Was bei Burn-out und Depressionen heilt, ist für ME-Betroffene Gift: körperliche Aktivierung.
“In der Schweiz gibt es leider noch ein paar Einrichtungen, die bei ME Aktivierungstherapie verschreiben”, berichtet ein Betroffener. “Wenn man als Patient dorthin gelangt, sitzt man in der Tinte.”
Dejan Lauber hat diese schmerzhafte Erfahrung selbst gemacht: “Sie haben ihn wirklich zum Laufen gezwungen. Sie schleppten ihn den Gang runter oder bis zum Bad und zurück”, erinnert sich ein Zeuge. “Ich habe den Leuten dieser Klinik geglaubt”, sagt Dejan. “Sie haben mir Tag für Tag versprochen, dass ich gesünder werden würde. Wenn der Aufenthalt abgeschlossen sei, könne ich wieder rumlaufen und wandern gehen usw. Das war nicht der Fall. Ich ging im Rollstuhl nach Hause.”
Diese fehlgeleiteten Therapieansätze können den Zustand von ME-Patienten drastisch verschlechtern und zu irreversiblen Schäden führen. Doch weil die Erkrankung in der medizinischen Ausbildung kaum thematisiert wird, fehlt vielen Ärzten und Therapeuten das notwendige Wissen.
Auf ichbinkeineinzelfall.ch setzen wir uns daher auch für bessere Aufklärung von medizinischem Fachpersonal ein und teilen evidenzbasierte Informationen zu angemessenen Behandlungsansätzen.
Isolation und Kreativität: Strategien gegen das Verschwinden
Eine der größten Herausforderungen für ME/CFS-Betroffene ist die soziale Isolation. Sie können nicht mehr an Aktivitäten teilnehmen, verlieren den Kontakt zu Freunden und Kollegen und werden zunehmend unsichtbar für die Gesellschaft.
Dejan Lauber hat einen ungewöhnlichen Weg gefunden, um dieser Isolation zu begegnen: Er baute einen Roboter, mit dem er virtuell an der Welt teilnehmen kann. “Es gab mir schon sehr viel Freude, mit dem Roboter am Leben teilzunehmen und mit Bekannten unterwegs sein zu können”, berichtet er. “Ich war eigentlich sehr erstaunt, dass mir das auch ein Gefühl gibt, wieder teilnehmen zu können. Es ist eine passive Rolle, in der man einfach dabei sein kann. Ohne im Mittelpunkt zu sein und ohne dass Erwartungen entstehen. Man kann einfach ein bisschen sein.”
Diese kreative Lösung zeigt, wie wichtig es ist, neue Wege der Teilhabe für Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen zu entwickeln. In einer zunehmend digitalen Welt bieten sich hier Chancen, die wir als Gesellschaft noch viel besser nutzen könnten.
Auf ichbinkeineinzelfall.ch schaffen wir einen virtuellen Raum für Austausch und Teilhabe. Hier können Betroffene ihre Geschichten teilen, sich informieren und Teil einer Gemeinschaft sein, auch wenn sie ihr Zuhause nicht verlassen können. Wir laden dich herzlich ein, deine eigene Geschichte zu teilen und so dazu beizutragen, dass ME/CFS und andere postvirale Erkrankungen sichtbarer werden.
Die Unvorhersehbarkeit: Wenn der Körper zum unberechenbaren Feind wird
Ein besonders belastendes Merkmal von ME/CFS ist die Unvorhersehbarkeit der Symptome und Krankheitsschübe. Was gestern noch möglich war, kann heute unmöglich sein. Was heute geht, kann morgen zu einem schweren Rückfall führen.
Diese Unberechenbarkeit macht jede Planung, jede soziale Verpflichtung, jede noch so kleine Aktivität zu einem Risiko. Betroffene leben in ständiger Unsicherheit, nie wissend, ob sie morgen noch die Kraft haben werden, aus dem Bett zu kommen oder sich selbst zu versorgen.
Cassandra Helfer erlebt dies hautnah. Nach einem Drehtag für eine Dokumentation, in der sie mitwirkt, geht es ihr zunehmend schlechter: “Jetzt war es noch viel schlimmer”, berichtet sie zwei Tage später. Die Verschlimmerung der Symptome nach Anstrengung ist das eindeutigste Merkmal von ME/CFS.
“Je mehr ich rede, desto mehr Herzrasen bekomme ich. Und somit immer weniger Luft”, beschreibt sie. “Wenn ich so Herzrasen habe, geht die Batterie schnell runter.” Innerhalb weniger Minuten steigt ihr Puls so stark an, dass sie Medikamente nehmen muss. “Dann fängt alles an zu zittern. Und ich kriege keine Luft mehr.”
Diese Reaktion des Körpers auf minimale Anstrengungen ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar. Sie erklärt jedoch, warum Betroffene sich oft zurückziehen und warum sie Aktivitäten, die für Gesunde selbstverständlich sind, vermeiden müssen.
Verluste und Träume: Die emotionale Dimension von ME/CFS
Hinter den körperlichen Symptomen und praktischen Herausforderungen verbirgt sich eine weitere, oft übersehene Dimension von ME/CFS: die emotionale. Die Erkrankung bedeutet nicht nur den Verlust von Gesundheit und Selbstständigkeit, sondern auch von Träumen, Zielen und Lebensentwürfen.
“Wenn ich könnte, würde ich am liebsten rennen gehen”, sagt Cassandra sehnsuchtsvoll. “Wenn ich wieder gesund oder fitter bin, ist das das Erste, was ich mache.” Doch sie weiß auch, dass größere Träume möglicherweise für immer unerreichbar bleiben könnten: “Der Plan wäre schon, endlich zu heiraten und eine Familie zu gründen.” Ob das realistisch ist? “Wie es im Moment ist, sicher nicht.”
Dejan Lauber, dessen Zustand sich zusehends verschlechtert, sieht sich mit noch düstereren Aussichten konfrontiert: “Es fühlt sich schon etwas tragisch an. Als würde man sterben”, sagt er mit schwerer Stimme.
Diese existenzielle Dimension von ME/CFS – das Gefühl, lebendig begraben zu sein, zu verschwinden, während das Leben um einen herum weitergeht – ist vielleicht der schmerzhafteste Aspekt der Erkrankung. “Da ist schon die Angst im Hinterkopf, ob das immer so bleibt”, gesteht Cassandra. “Wird der Rest meines Lebens so aussehen? Jeden Tag so, immer wieder warten und hoffen, dass der nächste besser wird? Das ist nicht schön.”
Ein Aufruf zum Handeln: Was wir gemeinsam tun können
ME/CFS mag eine komplexe und noch nicht vollständig verstandene Erkrankung sein, doch das entbindet uns nicht von der Verantwortung, zu handeln. Es gibt konkrete Schritte, die wir als Gesellschaft und als Einzelne unternehmen können, um die Situation der Betroffenen zu verbessern:
- Forschung fördern: Die medizinische Forschung zu ME/CFS und anderen postviralen Erkrankungen muss deutlich ausgeweitet werden, um Diagnostik und Therapiemöglichkeiten zu verbessern.
- Bewusstsein schaffen: Je mehr Menschen über ME/CFS und seine verheerenden Auswirkungen Bescheid wissen, desto weniger werden Betroffene mit Unverständnis und Vorurteilen konfrontiert.
- Versorgungsstrukturen verbessern: Wir brauchen spezialisierte Anlaufstellen für ME/CFS-Patienten, an denen sie kompetente medizinische Betreuung erhalten.
- Soziale Sicherungssysteme anpassen: Die IV muss ihre Begutachtungsverfahren überdenken und den Besonderheiten von ME/CFS Rechnung tragen.
- Betroffene unterstützen: Durch Vernetzung, praktische Hilfen und emotionalen Beistand können wir dazu beitragen, dass Erkrankte weniger isoliert sind.
Bei ichbinkeineinzelfall.ch setzen wir uns für all diese Punkte ein. Wir sammeln und teilen Geschichten von Betroffenen, um das Bewusstsein zu schärfen. Wir vernetzen Erkrankte untereinander und mit Experten. Wir bieten Informationen und Ressourcen für den Umgang mit Behörden und Versicherungen. Und wir schaffen einen Raum, in dem Betroffene gesehen und gehört werden.
Wir laden dich herzlich ein, Teil dieser Bewegung zu werden. Teile deine Geschichte, wenn du selbst betroffen bist. Unterstütze Betroffene in deinem Umfeld. Sprich über ME/CFS und trage dazu bei, dass diese Erkrankung und die Menschen, die mit ihr leben, nicht länger im Schatten bleiben.
Denn eines ist klar: ME/CFS-Betroffene wie Cassandra Helfer, Dejan Lauber und unzählige andere brauchen und verdienen unsere Unterstützung und unser Verständnis. Ihre Geschichten zu hören und zu teilen ist ein erster, wichtiger Schritt.
Besuche unsere Plattform ichbinkeineinzelfall.ch, um mehr zu erfahren und dich mit anderen Betroffenen zu vernetzen. Gemeinsam können wir einen Unterschied machen und dafür sorgen, dass niemand mit dieser schweren Erkrankung allein gelassen wird.
“ME – Myalgische Enzephalomyelitis. Die Krankheit verursacht unsägliches Leid. Und sie macht arm, einsam und lässt Menschen verschwinden.”
Lass uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Menschen nicht vergessen werden.
Dieser Beitrag basiert auf Berichten und Zeugnissen von ME/CFS-Betroffenen. Die zitierten Aussagen stammen aus einer SRF-Dokumentation über ME/CFS. Wenn du selbst von ME/CFS oder einer ähnlichen postviralen Erkrankung betroffen bist, oder jemanden kennst, der damit lebt, besuche ichbinkeineinzelfall.ch und teile deine Erfahrungen. Du bist nicht allein.