Das Leben mit Long Covid: Ein Marathon, kein Sprint

Stell dir vor, du hattest eine Erkältung – oder vielleicht auch etwas Gravierenderes, wie die Grippe. Nach ein paar Tagen im Bett geht es dir langsam besser. Aber was, wenn dieses “besser” nie ganz eintritt? Wenn Wochen zu Monaten werden und du dich immer noch erschöpft fühlst, dein Kopf wie in Watte gepackt ist und selbst die einfachsten Aufgaben plötzlich eine riesige Herausforderung sind? Willkommen in der Welt von Long Covid.

Long Covid ist nicht einfach nur eine verlängerte Krankheitsphase, sondern eine völlig neue Realität. Es ist ein Zustand, der oft missverstanden wird und dessen Auswirkungen tiefer gehen, als viele ahnen. Lass uns gemeinsam erkunden, was es wirklich bedeutet, mit Long Covid zu leben – und wie Betroffene sich durch diese herausfordernde Zeit kämpfen.


Was ist Long Covid eigentlich?

Long Covid ist die Bezeichnung für Symptome, die nach einer Covid-19-Erkrankung länger als vier Wochen anhalten. Und wir reden hier nicht von einem leichten Kratzen im Hals, sondern von einem breiten Spektrum an Beschwerden:

  • Chronische Erschöpfung (Fatigue): Stell dir vor, du wachst nach acht Stunden Schlaf auf und fühlst dich, als hättest du gerade einen Marathon hinter dir.
  • Brain Fog: Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit und das Gefühl, dass dein Gehirn einfach nicht so funktioniert, wie es sollte.
  • Atemprobleme: Selbst ein kurzer Spaziergang kann sich anfühlen, als würdest du einen Berg besteigen.
  • Herzrasen und Kreislaufprobleme: Dein Puls schießt plötzlich in die Höhe, ohne dass du dich angestrengt hast.
  • Schmerzen: Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen oder sogar brennende Nervenempfindungen.

Das ist nur die Spitze des Eisbergs – manche Betroffene berichten von weit über 200 verschiedenen Symptomen. Die Intensität und Kombination dieser Beschwerden variiert stark, was Long Covid zu einer extrem individuellen Herausforderung macht.


Wie fühlt sich das Leben mit Long Covid an?

Wie würde es sich denn für dich anfühlen, wenn dein Körper ein Akku wäre. Normalerweise startest du den Tag mit 100 Prozent Energie, und im Laufe des Tages verbrauchst du davon ein bisschen hier und ein bisschen da. Mit Long Covid beginnt dein Tag vielleicht bei 30 Prozent – und selbst das bisschen Energie ist schnell aufgebraucht.

Viele Betroffene beschreiben das Gefühl, in einem Körper zu leben, der nicht mehr ihrer Kontrolle unterliegt. Aufgaben, die früher selbstverständlich waren – ein Einkauf im Supermarkt, ein Telefonat – sind plötzlich gigantische Hürden. Dazu kommt das ständige Auf und Ab: Ein Tag, an dem es dir besser geht, kann leicht von einer Woche völliger Erschöpfung gefolgt werden, wenn du dich überanstrengst.

Und dann ist da noch die Unsichtbarkeit der Krankheit. Long Covid sieht man dir oft nicht an. Freunde, Familie oder sogar Ärztinnen und Ärzte können Schwierigkeiten haben, die Tragweite deiner Beschwerden zu verstehen. Kommentare wie „Du siehst doch gut aus!“ oder „Reiß dich mal zusammen“ sind leider keine Seltenheit.


Wie beeinflusst Long Covid den Alltag?

1. Arbeiten mit Long Covid

Arbeiten ist für viele Betroffene schlicht nicht möglich. Selbst wer versucht, in Teilzeit zurückzukehren, stößt oft schnell an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Meetings, Bildschirmarbeit oder auch nur das Pendeln ins Büro können überwältigend sein.

Einige Arbeitgeber zeigen Verständnis, andere weniger. Viele Long-Covid-Betroffene müssen sich mit Krankmeldungen, Reha-Maßnahmen oder sogar Erwerbsminderungsrente auseinandersetzen – alles zusätzlich belastend in einer ohnehin schon schwierigen Situation.

2. Soziales Leben

Freunde treffen? Familienfeste besuchen? All das, was früher Freude gebracht hat, wird oft zur Herausforderung. Die ständige Müdigkeit und das Unvorhersehbare der Symptome machen Pläne schwierig. Viele ziehen sich zurück, weil sie das Gefühl haben, ohnehin nicht mithalten zu können.

3. Psychische Gesundheit

Long Covid wirkt nicht nur auf den Körper, sondern auch auf die Psyche. Die Kombination aus körperlichen Einschränkungen, sozialer Isolation und Unsicherheit über die Zukunft führt bei vielen zu Ängsten und Depressionen. Gleichzeitig gibt es oft wenig Unterstützung, denn Long Covid ist immer noch eine relativ neue Krankheit, die nicht überall ernst genommen wird.


Was hilft?

Es gibt keinen universellen Plan, um mit Long Covid umzugehen, aber hier sind einige Ansätze, die vielen Betroffenen helfen können:

1. Pacing

Das Schlüsselwort für viele Long-Covid-Betroffene lautet Pacing. Das bedeutet, deine Energie so einzuteilen, dass du dich nicht überanstrengst. Denk an deinen Energieakku – wenn er leer ist, dauert es lange, bis er wieder aufgeladen ist. Deshalb ist es wichtig, regelmäßige Pausen einzulegen und Aktivitäten gut zu planen.

2. Medizinische Unterstützung

Auch wenn die Forschung noch in den Kinderschuhen steckt, gibt es mittlerweile Long-Covid-Ambulanzen und spezialisierte Ärztinnen und Ärzte. Eine umfassende Diagnostik und gezielte Therapien können helfen, zumindest einige Symptome zu lindern.

3. Selbsthilfegruppen

Sich mit anderen auszutauschen, die das Gleiche durchmachen, kann unglaublich befreiend sein. Selbsthilfegruppen bieten nicht nur Trost, sondern auch praktische Tipps und das Gefühl, nicht allein zu sein.

4. Psychologische Betreuung

Die mentale Belastung von Long Covid darf nicht unterschätzt werden. Therapie kann helfen, besser mit der Unsicherheit und den Veränderungen umzugehen.

5. Kleine Erfolge feiern

Jeder gute Tag, jede gemeisterte Aufgabe – so klein sie auch erscheinen mag – ist ein Erfolg. Diese Momente bewusst zu schätzen, kann helfen, den Fokus auf das Positive zu lenken.


Hoffnung und Zukunft

Long Covid ist herausfordernd, keine Frage. Aber die Forschung schreitet voran, und immer mehr Menschen machen sich für die Betroffenen stark. Mit jedem Tag lernen wir mehr über diese Krankheit und wie wir besser damit umgehen können.

Wenn du selbst betroffen bist, erinnere dich daran: Du bist nicht allein. Es gibt eine wachsende Gemeinschaft von Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen und einander unterstützen. Und ja, auch wenn es sich oft wie ein Marathon anfühlt, gibt es Hoffnung – Schritt für Schritt, Tag für Tag.


Zum Mitnehmen: Long Covid ist keine Einbildung, sondern eine echte, ernstzunehmende Herausforderung. Aber mit Verständnis, Geduld und Unterstützung kannst du deinen Weg finden. Denk daran, freundlich mit dir selbst zu sein – du machst das Beste aus einer schwierigen Situation. 

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